Wirtschaftliches Umfeld
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Auch 2021 wurde die globale Wirtschaft wesentlich von den Auswirkungen der Coronapandemie geprägt. Die Weltwirtschaft hat die schwere Rezession von 2020 zwar überwunden, die Erholung ist bislang allerdings unvollständig geblieben. Neben den Pandemiewellen haben insbesondere die hartnäckigen Lieferengpässe die Erholung gebremst.
Internationale Perspektiven
USA
In den USA wird allgemein die rasche Rückkehr zur restriktiven Fiskalpolitik als Ursache für die schleppende wirtschaftliche Erholung nach der grossen Rezession 2008/09 angesehen. Diesen Fehler wollten die neue US-Regierung und der Kongress nicht wiederholen. Deshalb wurde im Frühjahr ein Konjunkturpaket im Umfang von USD 1.9 Billionen auf den Weg gebracht mit dem Ziel, die Unterbeschäftigung möglichst rasch zu beseitigen. Von diesem Paket haben die privaten Haushalte profitiert. Die Zusatzeinkommen sind vor allem in den Konsum geflossen. Die Erholung des Dienstleistungssektors wurde dagegen durch die Infektionswelle in den Sommermonaten gebremst. Im Herbst hat der Kongress zusätzlich ein Infrastrukturprogramm in Höhe von USD 550 Milliarden über einen Zeitraum von zehn Jahren beschlossen. Die in der Krise erlittenen Beschäftigungsverluste konnten allerdings bislang nicht wieder wettgemacht werden.
Eurozone
Als Folge der Lockdowns in verschiedenen Ländern ist die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal geschrumpft. Mit der Aufhebung der Einschränkungen hat die Nachfrage jedoch kräftig angezogen. In den grossen Volkswirtschaften hat sie das Vorkrisenniveau aber noch nicht erreicht. Das ist zum einen auf schwächere finanzpolitische Impulse zurückzuführen; der EU-Wiederaufbaufonds wird erst 2022/23 in vollem Umfang nachfragewirksam. Zum anderen haben hartnäckige Lieferengpässe das Wachstum belastet. Davon war vor allem die Autoindustrie betroffen. Aufgrund des überdurchschnittlich grossen Anteils der Autoproduktion an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung hat sich dies besonders in Deutschland negativ ausgewirkt. Die vierte Welle und die neue Variante des Virus führten gegen Ende 2021 wieder zu erhöhter Unsicherheit.
Schweiz
Die wirtschaftliche Entwicklung wurde auch in der Schweiz wesentlich vom Verlauf der Coronapandemie geprägt. Die Kontaktbeschränkungen im Winterhalbjahr führten zu einem Rückgang der Wertschöpfung im ersten Quartal. Dieser ist allerdings im Vergleich zu den Volkswirtschaften der Eurozone moderat ausgefallen. Der private Verbrauch und die Nettoexporte sorgten in der Folge für eine kräftige Erholung. Die Konsumnachfrage profitierte von der Lockerung der Kontaktbeschränkungen, während der Aufschwung des Welthandels die Exportentwicklung begünstigte. Im dritten Quartal übertraf das Bruttoinlandprodukt wieder das Vorkrisenniveau. Die gute Verfassung des Arbeitsmarktes spiegelte sich in der niedrigen Arbeitslosenrate wider.
Liechtenstein
Als kleine und offene Volkswirtschaft ist Liechtenstein stark vom globalen konjunkturellen Umfeld abhängig. Durch die Coronapandemie und deren Folgen kam es zu Beginn der weltweiten Rezession zu einem markanten Einbruch der Exportaktivität. Die liechtensteinische Volkswirtschaft hat sich allerdings als sehr widerstandsfähig erwiesen. Dies gilt auch für den Finanzsektor. Stabilisierender Faktor war einmal mehr der robuste Arbeitsmarkt. Der Finanzsektor profitierte 2021 zudem enorm von hohen Kapital- und Liquiditätspuffern, die das Kundenvertrauen stärkten und damit einmal mehr massgeblich zur sehr guten Reputation Liechtensteins als stabiles Finanzzentrum beitrugen. Die systemischen Risiken werden als relativ niedrig beurteilt.
China
Trotz der dynamischen Erholung nach der Coronakrise 2020 hat die wirtschaftliche Entwicklung zum Jahresende hin spürbar an Schwung verloren. Neben Pandemie, Energieknappheit und hohen Rohstoffpreisen sind dafür auch strukturelle Probleme verantwortlich. In diesem Zusammenhang ist die Krise auf dem Immobilienmarkt besonders relevant. Der in Zahlungsschwierigkeiten geratene Immobilienentwickler Evergrande dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. Vor diesem Hintergrund hat die kommunistische Partei beschlossen, künftig verteilungspolitische Ziele in den Vordergrund zu rücken.
Inflation
Inflation ist an den Finanzmärkten wieder zu einem Thema geworden. Ende 2021 haben die Inflationsraten Niveaus erreicht, die man in den entwickelten Volkswirtschaften schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat.
Noch läuft die Diskussion, ob der jüngste Inflationsanstieg angebots- oder nachfragebedingt ist. Die Zentralbanken betonen die angebotsseitigen Ursachen wie Lieferengpässe und höhere Rohstoffpreise, die nur zu einer vorübergehenden Beschleunigung des Preisauftriebs führen sollten. Sie gehen deshalb davon aus, dass sich die Teuerungsraten mittelfristig wieder ihren Zielvorstellungen annähern. Manche Investmentstrategen sind diesbezüglich skeptisch. Ihrer Meinung nach ist der Inflationsschub vor allem nachfragebedingt. Sie erwarten deshalb keine rasche Entspannung. Vereinzelt werden Parallelen zur Stagflationsperiode der 1970er-Jahre gezogen. Welches Lager recht hat, ist noch nicht klar. Bisher gibt es allerdings kaum Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale. Es ist anzunehmen, dass der jüngste Inflationsschub sowohl angebots- als auch nachfrageseitige Ursachen hat. Mittelfristig müssen sich Anlegerinnen und Anleger wahrscheinlich auf im Vergleich zu den vergangenen Jahren höhere Teuerungsraten einstellen.
Zinsen
Die geldpolitischen Rahmenbedingungen haben sich im Berichtsjahr verschärft. So reagierten beispielsweise die Zentralbanken von Brasilien und Russland auf die steigenden Inflationsraten mit einer deutlichen Anhebung der Leitzinsen. In den entwickelten Volkswirtschaften erhöhten bisher vor allem die Notenbanken kleinerer Länder wie Norwegen, Tschechien, Polen oder Neuseeland die Zinsen. Eine Ausnahme ist die Bank of England, die am 16. Dezember den Leitzins um 15 Basispunkte auf 0.25 Prozent anhob.
Die US-Notenbank hat aufgrund der beunruhigenden Inflationszahlen im Dezember beschlossen, die Reduktion der Wertpapierkäufe zu forcieren. Die Zinsen dürften aber erst nach Beendigung der Wertpapierkäufe erhöht werden, das heisst frühestens im zweiten Quartal 2022.
Die Europäische Zentralbank wird das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) wie angekündigt im März 2022 einstellen. Im Gegenzug wird das Asset Purchase Programme (APP) temporär auf EUR 40 Mia. aufgestockt. Eine Anhebung des Leitzinses ist nach Aussagen von EZB-Präsidentin Lagarde 2022 unwahrscheinlich.
Die Schweizerische Nationalbank setzt ihren geldpolitischen Kurs unverändert fort. Aus ihrer Sicht ist der Franken nach wie vor hoch bewertet. Bei Bedarf behält sie sich Interventionen am Devisenmarkt vor. Die Geldmarktzinsen dürften somit im kommenden Jahr aller Wahrscheinlichkeit nach nicht steigen.
Währungen
Die Kursverschiebungen an den internationalen Devisenmärkten haben sich im Berichtsjahr in Grenzen gehalten. Im Grossen und Ganzen sind sie im Rahmen der «normalen» Volatilität geblieben. Ausnahme ist die türkische Lira, die stark eingebrochen ist.
Der Schweizer Franken hat im Vergleich zum Euro und japanischen Yen vor allem gegen Ende 2021 an Wert gewonnen. Ausschlaggebend dafür dürfte gewesen sein, dass die Europäische Zentralbank nicht daran denkt, vom expansiven Kurs abzugehen. Es gibt ausserdem Hinweise darauf, dass die Schweizerische Nationalbank weniger interveniert hat als beispielsweise im vergangenen Jahr auf dem Höhepunkt der Coronakrise. Gegenüber dem US-Dollar, dem kanadischem Dollar und dem russischen Rubel hat der Franken leicht nachgegeben. Der US-Dollar hat von der Erwartung eines grösseren Zinsvorsprungs profitiert, der kanadische Dollar und der Rubel von höheren Rohstoffpreisen.
Aktienmärkte
Im Berichtsjahr haben mehrere Faktoren den Kursanstieg an den internationalen Börsen begünstigt. An erster Stelle ist die wirtschaftliche Erholung nach dem Coronaschock zu nennen. Sie bescherte den Unternehmen trotz Pandemie, Lieferengpässen und höheren Rohstoffpreisen kräftige Gewinnsteigerungen. Die lockere Geldpolitik und die finanzpolitische Unterstützung wirkten sich 2021 ebenfalls positiv auf die Aktienkurse aus. Aufgrund der tiefen und teilweise sogar negativen langfristigen Nominalzinsen sehen Anlegerinnen und Anleger offensichtlich wenig Alternativen zu Aktien.
Auch der angestrebte nachhaltige Umbau der Volkswirtschaften liess die Aktienkurse steigen, obwohl er vor allem die relative Performance beeinflusste. An den Finanzmärkten werden bei den Profiteuren der Dekarbonisierung der Wirtschaft überdurchschnittliche Wachstumschancen gesehen. Die Anleger haben die Aktien dieser Unternehmen, zu denen beispielsweise die Hersteller von Elektrofahrzeugen gehören, entsprechend besser bewertet. Die Chancen und Risiken dieser strukturellen Verschiebung lassen sich derzeit allerdings noch nicht zuverlässig beurteilen.
Die hohen Inflationsraten und die sich abzeichnende Verschärfung der Geldpolitik haben die Aktienkurse in den vergangenen Monaten unter Druck gesetzt. Mit dem Krieg in der Ukraine ist ein weiterer Belastungsfaktor dazugekommen. Die unmittelbar mit den Sanktionen verbundenen Wachstumseinbussen sind für die EU-Länder verkraftbar. Kritischer ist die hohe Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu sehen. Die durch den Anstieg der Energiepreise verursachten Einkommensverluste werden das Wirtschaftswachstum empfindlich dämpfen. Die Aktienmärkte haben dieses Szenario schon zum Teil eskomptiert. Die Volatilität wird noch geraume Zeit erhöht bleiben.